Der neue Hebammenhilfevertrag, der ab dem 1. November 2025 gelten soll, sorgt bei den freiberuflichen Beleghebammen in Bayern für große Verunsicherung. Beim Besuch im Klinikum Passau verschafften sich MdB Hans Koller, MdL Josef Heisl und MdL Stefan gemeinsam mit den Hebammensprecherinnen Katharina Schmöller und Diane Mohrauer einen persönlichen Eindruck von den Auswirkungen des Schiedsspruchs.
Der Bundestagsabgeordnete Hans Koller eröffnete das Gespräch mit einem klaren Dank an die Freiberuflichen Beleghebammen. „Sie haben mit Ihrer Vorarbeit einen wichtigen Beitrag geleistet – vielen Dank, dass wir heute hier zusammenkommen konnten. Die Situation der Beleghebammen schlägt hohe Wellen, denn es geht um die Versorgung von Müttern und Kindern. Ihre Arbeit ist ein äußerst wichtiger und unverzichtbarer Dienst – auf vielen Ebenen unseres Gesundheitswesens“.
Die Hebammen machten deutlich: Der neue Vertrag reduziert die Vergütung für die erste betreute Frau auf 80 % des bisherigen Satzes, eine zweite oder dritte gleichzeitige Betreuung wird nur mit 30 % vergütet – bei voller Verantwortung. Der sogenannte 1:1-Bonus wird nur dann gezahlt, wenn zwei Stunden vor und nach der Geburt durchgehend Einzelbetreuung erfolgt. Diane Mohrauer betonte: „Unsere Arbeit ist unplanbar. Wenn ich eine Frau zehn Stunden durch die Geburt begleite, aber die Geburt nicht exakt ins 4-Stunden-Zeitfenster fällt, erhalte ich keinen Bonus. Das frustriert und wird unserer Verantwortung nicht gerecht.“
Auch der Landtagsabgeordnete Josef Heisl zeigte Verständnis für die schwierige Lage der Hebammen. „Die Situation der Hebammen zeigt deutlich, wie groß ihre Verantwortung ist – und gleichzeitig, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert werden“, erklärte Heisl. Als frischgebackener Vater habe er selbst erlebt, wie bedeutsam die Arbeit der Hebammen für Familien sei. „Deshalb ist es umso wichtiger, die Folgen dieser Vertragsregelungen genau zu prüfen“, so Heisl weiter.
Am Klinikum Passau kommen jährlich über 2.000 Kinder unter der Betreuung von Beleghebammen zu Welt. Davon auch viele die in einem Eins-zu-eins-Modell begleitet wurden. Die nun festgelegten Vergütungsregelungen führen für das bestehende Hebammenteam zu spürbaren finanziellen Einbußen – bei gleichbleibender Verantwortung. Katharina Schmöller warnt: „Wenn wir für die Betreuung einer zweiten Frau künftig nur noch 30 Prozent des ohnehin reduzierten Honorars erhalten, aber weiterhin voll haften, ist das für viele Kolleginnen nicht tragbar. Besonders Teilzeit-Hebammen wird es finanziell kaum noch möglich sein, in diesem Modell zu arbeiten.“
Zudem sei es nicht nachvollziehbar, dass Leistungen außerhalb der Klinik zu 100 % vergütet werden – innerhalb der Klinik aber mit Abzügen. „Das wirkt, als wolle man das Modell der Beleghebamme schleichend abschaffen“, sagte Schmöller.
Dass die schriftliche Begründung des Schiedsspruchs bislang nicht veröffentlicht wurde, stößt bei den Hebammen auf Unverständnis. „Alle Beteiligten müssen nachvollziehen können, wie es zu diesem Vertrag gekommen ist. Solche Entscheidungen dürfen nicht hinter verschlossenen Türen fallen.“, so Katharina Schmöller und Diane Mohrauer.
Im Bayerischen Landtag wurde die Problematik bereits aufgegriffen: Der Arbeitskreis Soziales, dem MdL Josef Heisl angehört, als auch der Arbeitskreis für Gesundheit mit MdL Stefan Meyer haben einen Dringlichkeitsantrag zur aktuellen Situation in der Geburtshilfe eingebracht. Dieser wurde bereits mehrheitlich verabschiedet und zeigt, dass die Thematik nicht nur ernst genommen, sondern auch aktiv angegangen wird.
Stefan Meyer, Mitglied im Gesundheitsausschuss im Bayerischen Landtag, betonte:
„Es ist keine Kleinigkeit, wenn ein ganzes Versorgungsmodell infrage steht. Beleghebammen sind in Bayern fest verankert. Das Gespräch heute war sehr aufschlussreich und hat wichtige Perspektiven aufgezeigt.“ Er machte zugleich deutlich: „Die politische Aufgabe besteht nun darin, diesen Austausch weiterzutragen – auf Landes- wie auf Bundesebene.“
Im Anschluss an das Gespräch wurden auch weitere Schritte besprochen, wie die Anliegen der Beleghebammen auf Landes- und Bundesebene eingebracht werden können. Ziel ist es, den Austausch fortzusetzen und vorhandene Synergien zwischen beiden politischen Ebenen sinnvoll zu nutzen.